,

“PlanIt! for Photographers” – ein Geheimtipp für Astrofotografen

Wie entstehen gute Astro-Landschaftsfotos? Meist, weil der Fotograf sein Handwerk beherrscht und zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Und genau dies will gut geplant sein, wenn Du Dein Astromotiv nicht dem Zufall überlassen willst! Nun gibt es mittlerweile zahlreiche Apps für Smartphones und Tablets zur Fotoplanung. Eine in Deutschland allerdings noch weitestgehend unbekannte App ist “PlanIt! for Photographers”, die ich nach zweijähriger Benutzung mittlerweile als Geheimtipp bezeichnen würde… Warum, zeige ich Dir in diesem Beitrag.

Diese Aufnahme konnte ich perfekt mit PlanIt! planen – Näheres dazu in diesem Bericht

Einflussfaktoren für die Nacht- und Astrofotografie

Um gezielt in der Nacht zu fotografieren, solltest Du wissen, welche grundlegenden Faktoren die Himmelshelligkeit beeinflussen: Am wichtigsten sind hierbei sicherlich der Mond, die Dämmerung und die künstliche Lichtverschmutzung. Natürlich kannst Du auch das Licht des Mondes oder der Dämmerung gezielt für Deine Nachtaufnahmen einsetzen. Wenn Du aber beispielsweise die Milchstraße fotografieren möchtest, sollte es möglichst keine störenden Lichtquellen geben. Den Stand sowie die Auf- und Untergangszeiten von Mond und Sonne kannst Du heute in nahezu jeder Fotoplanungsapp ablesen. Und auch die aus dem Sonnenstand resultierenden Dämmerungsphasen sind in vielen Apps für einen beliebigen Ort und einen beliebigen Tag abzulesen.

Funktionsumfang von PlanIt!

Wird es jedoch spezieller (Lichtverschmutzung, Milchstraßenplanung, Panoramaaufnahmen, Zeitraffer, etc.), dann braucht es häufig verschiedene Planungswerkzeuge. Und genau hier wollten die Entwickler der App “PlanIt!” ansetzen: Ihr Ziel war es, mit möglichst einer einzigen App diverse Fotoprojekte bei Tag und vor allem auch bei Nacht planen zu können. Die einzige mir bekannte App, die einen ähnlich umfangreichen Ansatz verfolgt, ist “PhotoPills”, die es allerdings bisher ausschließlich für iOS (iPhone und iPad – derzeit 9,99 €) gibt – Android-Benutzer müssen sich hier noch ein wenig gedulden. Den aktuellen Entwicklungsstatus von PhotoPills for Android kannst Du übrigens auf dieser englischen Seite verfolgen. Noch umfangreicher, etwas kostengünstiger und vor allem sowohl für iOS als auch für Android in Deutsch verfügbar, ist PlanIt! (Download iOS-Version – derzeit 5,99 €, Download Android-Version – derzeit 6,49 €, Download kostenfreie Android-Version).

Vorweg nehmen möchte ich gleich, dass die App durchaus komplex ist und somit auch eine entsprechende Einarbeitungszeit benötigt. Um den Einstieg etwas zu vereinfachen, haben die Entwickler in den letzten Monaten die komplette Benutzeroberfläche überarbeitet (Android-Version bereits verfügbar, iOS-Version erscheint im März). Für bestehende Benutzer stellt dies sicherlich eine gewisse Umstellung dar, neuen Anwendern dürfte dies aber durchaus entgegenkommen. Entsprechend müssen aber derzeit auch sämtliche Dokumentationen und Tutorial-Videos überarbeitet werden. Ein erstes (englisches) Video zur neuen Benutzeroberfläche findest Du hier. Die Dokumentation wird ständig aktualisiert und kann im neuesten Stand hier für verschiedene Themenbereiche heruntergeladen werden.

Ich kann und möchte Dir in diesem Artikel keine komplette Anleitung der App geben, sondern vielmehr auf die enormen Möglichkeiten dieses kleinen Hilfsmittels aufmerksam machen. In meinem Buch zur Astrofotografie gehe ich sehr detailliert auf die Nutzung von verschiedenen Apps zur Planung von Nacht- und Astroaufnahmen ein. Ich nutze dabei primär die Apps PlanIt!, TPE und PhotoPills. Konkrete Planungsbeispiele zum Thema Milchstraße mit diesen drei Apps kannst Du Dir aber auch schon in der kostenlosen Leseprobe des Buches (direkter Download-Link, ca. 18 MB) anschauen. Insgesamt ist PlanIt! aus meiner Sicht die bei weitem umfangreichste und zugleich kostengünstigste Variante!

App-Konzept und konkretes Planungsbeispiel

Das konkrete Konzept von PlanIt! basiert auf verschiedenen Komponenten:

  • Ein Plan, der die zentrale Klammer um alle Informationen einer konkreten Fotoplanung darstellt
  • Ein Kamera- und ein Szenenstandort, also die eigene Position und das Motiv, was Du fotografieren möchtest
  • Ein Planungsthema, auch “Ephemeriden-Funktion” genannt (siehe Screenshot oben)
  • Markierungen, um Orte zu speichern
  • Kalenderfunktionen, um auf einen Blick die passenden Tage für das nächtliche Fotoprojekt herauszufinden

Die Planung zur Milchstraßenaufnahme zu Beginn des Blogposts

Das konkrete Anwendungsbeispiel in der Leseprobe des Buches (S. 186 – 188) zeigt eine aus meiner Sicht geniale Funktion: Ich plane ein Panorama des Milchstraßenbogens über dem Barmsee bei Garmisch-Partenkirchen aufzunehmen – das Foto dazu konntest Du bereits zu Beginn dieses Beitrags sehen. Dazu stelle ich mir diese Komposition mit dem Standortmarker am Ufer des Sees und dem vergleichsweise flachen Milchstraßenbogen, parallel zum Seeufer verlaufend, in der App ein. Dabei achte ich darauf, dass das fotogene galaktische Zentrum der Milchstraße möglichst hoch über dem Horizont steht. Dann lasse ich mir auf Knopfdruck eine Liste aller Nächte im Jahr erstellen, in der diese Komposition genau so existiert, mit der jeweils exakten Uhrzeit. Diese Liste schränke ich dann noch insofern ein, dass zur relevanten Uhrzeit kein Mond am Himmel stehen soll – so dass ich für die Aufnahme der Milchstraße die maximale Dunkelheit zur Verfügung habe. Anschließend lasse ich die App noch planen, wieviele Bilder ich mit meiner verwendeten Brennweite für ein Panorama des kompletten Milchstraßenbogens benötige. Diesen Plan speichere ich mir in der App ab und muss mir dann, in Abhängigkeit vom Wetter, nur noch einen der Termine aussuchen. Wirklich genial wie ich finde, oder?

Weitere Anwendungsfälle

Im Buch habe ich analog der Planung des Milchstraßenpanoramas in der Leseprobe noch einige weitere detaillierte Beispiele beschrieben, die ich mit Hilfe der PlanIt! App geplant habe – und dies stellt nur einen Ausschnitt der zahlreichen Funktionalitäten der PlanIt! App dar!

  • Standort-Scouting mit Hilfe der Google Street View Funktion (“Straßenansicht”)
  • Die Planung einer Aufnahme zur Blauen Stunde: Den relevanten Zeitraum dafür habe ich in der Ephemeriden-Funktion “Spezielle Stunden” ablesen können.
  • Aufnahme von Polarlichtern in Deutschland: Hier kommt es auf die Lichtverschmutzung in Richtung Norden an – ausgehend vom eigenen Standort. Hierzu nutze ich die Ephemeriden-Funktion “Nachthimmel”, die mir eine Lichtverschmutzungskarte über die Landkarte legt.
  • Ermittlung der maximalen Belichtungszeit, bevor die Sterne beginnen strichförmig zu werden: Die Berechnung basiert auf der ausgewählten Brennweite und verschiedenen Regeln, die angewendet werden können. Zu finden ist diese Funktion im Bereich “Sterne und Strichspuren”.
  • Den Verlauf einer totalen Mondfinsternis: Dieser lässt sich mit der Ephemeriden-Funktion “Sequenz” optimal planen.
  • Deep Sky Aufnahme: Auch die Aufnahme von Nebeln lässt sich inklusive einer Vorschau des Deep Sky Objektes bei einer bestimmten Brennweite im Bereich “Sterne und Strichspuren” planen.
  • Die genaue Planung eines Startrails, also einer Sternstrichspuraufnahme: Hier konnte ich mit Hilfe der Straßenansicht den fertigen Startrail im Bereich “Sterne und Strichspuren” simulieren.

Mit Hilfe von PlanIt! konnte ich diesen Startrail komplett virtuell planen

Kalenderfunktion

Ein Anwendungsbeispiel für die Kalenderfunktion ist eine erste grobe Zeitplanung für den Sommerurlaub, der u.a. zur Nachtfotografie genutzt werden soll. Basierend auf einem gesetzten Kamerastandort kannst Du mit den Kalendern sehr schnell herausfinden, wann welche Mondphase herrscht, wann es dunkle bzw. mondlose Nächte gibt und wann das Milchstraßenzentrum zu sehen ist.

Planst Du also beispielsweise einen Urlaub in Südtirol im September 2017, so setzt Du den Standortmarker entsprechend und rufst über das Menü die Kalenderfunktion auf. Im “Mondphasenkalender” siehst Du dann zunächst, dass der Mond bis etwas zur Monatsmitte abnimmt und in der letzten Woche im September wieder zunimmt. Im “Mondlose-Nächtekalender” kannst Du außerdem sehen, wann die besten Nächte für die Milchstraßenfotografie sind – sprich, wann es mehr als 8 Stunden dunkel bzw. mondlos ist. Für jeden Tag kannst Du dabei die genau Zeit der mondlosen, maximalen Dunkelheit ablesen. Und schließlich kannst Du im “Milchstraßenkalender” noch sehen, dass das Milchstraßenzentrum (MSZ) in diesem Monat nie länger als zwei Stunden bei maximaler Dunkelheit zu sehen ist. Auch hier kannst Du dir die genaue Zeit der Sichtbarkeit für jeden Tag anzeigen lassen. Idealerweise planst Du Deinen Urlaub in diesem Fall also am Besten in der zweiten Monatshälfte, um optimale Chancen auf Milchstraßenaufnahmen zu haben.

Mein Fazit

Insgesamt bin ich wirklich begeistert vom Funktionsumfang der PlanIt! App und nutze sie daher auch regelmäßig für meine Fotoplanungen. Sehr beeindruckt bin ich vom Entwicklerteam der App – sie sind extrem reaktionsfreudig und hilfsbereit. Da das Re-Design der Oberfläche leider gerade während der Entstehung meines Buches stattfand, war ich sehr dankbar, dass mich das Team um Wenjie Qiao aus Californien intensiv mit Informationen, Antworten und Beta-Versionen der App versorgt hat. Auch meine Verbesserungsvorschläge wurden gern angenommen und umgesetzt. Dies ist definitiv nicht selbstverständlich im App-Markt!

Auch bei der Planung einer Sonnenfinsternis-Sequenz ist PlanIt! eine große Hilfe!

Ich muss allerdings zugeben, dass ich für einfache Auskünfte wie Dämmerungszeiten oder Auf- und Untergangszeiten von Mond, Sonne und Milchstraßenzentrum auch durchaus gern auf eine einfachere App wie TPE zurückgreife. Im funktionalen und preislichen Vergleich liegt PlanIt! allerdings definitiv vorn. Daher kann ich jedem Fotografen, der seine Tag- und vor allem Nachtaufnahmen bestmöglich planen möchte, nur empfehlen, sich intensiver mit dieser App auseinanderzusetzen!

Kennst Du PlanIt! bereits und nutzt die App vielleicht sogar schon für Deine Nachtaufnahmen? Oder setzt Du erfolgreich auf andere Apps? Schreib mir und anderen Lesern gern etwas dazu in die Kommentare!

11 Kommentare
  1. Günter Baier sagte:

    Hallo kannst Du mir ein Smartphone oder Tablet empfehlen mit dem die PhotoPills App funktioniert?
    Vielen Dank für die Beantwortung!

    Antworten
    • Katja Seidel sagte:

      Hallo Günter,
      hm, also das Smartphone sollte über einen Kompass, GPS und Neigungssensor verfügen – das haben die meisten Smartphones heute. Ein Android-Smartphone sollte laut App-Beschreibung mind. Version 4.1 haben und ein Apple iPhone mind. Version 10.3. Ich nutze Photopills mit einem iPhone 8.
      LG, Katja

      Antworten
  2. Peter sagte:

    Hallo Katja,

    ich muss mich mal wieder bedanken für Deine tollen Tutorials: Ich hatte PlanIt! schon länger auf dem iPhone, kam aber einfach nicht mit der Bedienung zurecht. Der PlanIt! User Guide ist wirklich gut und übersichtlich visuell aufbereitet, aber irgendwie ist bei mir der Groschen nicht gefallen, vielleicht war ich auch zu ungeduldig, es war mir einfach zu viel Info.

    Dank des konkreten Beispiels in Deinem Buch, an dem Du den Ablauf beschreibst, habe ich sofort das Prinzip verstanden. Von da aus ist es dann einfach, sich die weiteren Funktionen zu erschließen. Womöglich sind Anleitungen doch nichts für Männer… 😉

    Danke nochmal und lieben Gruß
    Peter

    Antworten
  3. Matthias Stübner sagte:

    Servus Katja,

    ggf. kleine Anmerkung zur “Google Street View Funktion”: Diese wurde in der aktuellen Version entfernt und steht somit nicht mehr zur Verfügung.

    Gruß Matthias

    Antworten
    • Katja Seidel sagte:

      Hallo Matthias,
      danke für den Hinweis, hatte ich noch nicht bemerkt! Sehr schade, dass Google anscheinend die Kosten für die Nutzung ihrer Karten stark angezogen hat – ist mir schon mehrfach in Apps oder auf Webseiten aufgefallen.
      LG, Katja

      Antworten
  4. Andreas sagte:

    Hallo Katja,
    hast Du bereits die neue Version von PlanIt? Ich habe diese, leider sieht das Menu anders aus als in deinem Buch.
    Den Menupunkt “Neue Planung erstellen” gibt es dort nicht. Das Menu beginnt bei Karten. Eine Planung starten war mir nicht möglich.
    Auch durch die Tutorials fand sich keine Klärung. Scheinbar wurde die App komplett umgestaltet.
    Dein Buch liest sich gut, alles ist gut verständlich.
    Gruß Andreas

    Antworten
  5. Bernd Thomas sagte:

    Frau Seidel,
    vielen Dank für die Information über diese Handy App.
    Kann ich dieses Programm zusätzlich auch auf dem PC ansehen. Interessant wegen des größeren Bildschirmes.
    Viele Dank für die Antwort.
    Mit freundlichen Grüßen
    B. Th.

    Antworten
    • Katja Seidel sagte:

      Hallo Herr Thomas,
      leider ist dies eine reine Mobile-App, d.h. für Smartphones und Tablets geschrieben. Für einen größeren Bildschirm müssten Sie ein Tablet (z.B. iPad oder Android-Tablet) nutzen.
      Viele Grüße,
      Katja Seidel

      Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert