Ausfall der Standheizung kurz vor dem Nordkapp – Teil 2

Nachdem mein Alptraum wahr geworden war und ich plötzlich kurz vor dem Nordkapp mit kaputter Standheizung dastand, sind unglaubliche Dinge passiert (siehe Teil 1 des Dramas). Aber der Krimi sollte noch weitergehen, und zwar auf eine Weise, wie sie nur das Leben schreiben kann. Aber lies selbst… Ich kann das Ganze noch immer nicht glauben!

Der Paketkrimi

Nach dem Versand am Donnerstagnachmittag aus Deutschland hieß es, ab sofort die Paketverfolgung genau im Auge zu behalten. Und diese klang auch wirklich vielversprechend – schon am nächsten Morgen war das Paket in Helsinki angekommen. Der Sturm war also scheinbar kein Problem für den Flieger mit meiner Heizung. Sollte das Paket wirklich noch vor dem Wochenende ankommen?! Leider nicht, denn bis zum Abend war es „erst“ bis Oulu gekommen – und am Wochenende hatte das Post Office in Finnland leider geschlossen. Dann vielleicht am Montag??

Leider tat sich dann lange nichts mehr im Sendungsverlauf. Erst am Montag früh sah ich die Meldung, dass das Paket seit Sonntagabend „auf dem Weg zum Zielort ist“. Ein Anruf am Montagvormittag beim Postamt verriet mir, dass der Paketwagen wohl immer so gegen 13 Uhr vorbeikommt – also 12 Uhr norwegischer Zeit. Schwierige Entscheidung – da die Fahrt vom Campingplatz in Alta zum Postamt etwa drei Stunden dauern würde, und dieses um 17 Uhr (also 16 Uhr norwegischer Zeit) schließen würde. Die morgendliche Lagebesprechung mit Uli, der mich nach Finnland begleiten wollte, ergab dann schließlich folgenden Plan: Wir würden am Mittag in Richtung Kautokaino abfahren, unterwegs nochmal beim Postamt anrufen und weiter nach Finnland fahren, sofern das Paket mit der Montagslieferung angekommen wäre.

Auf Grund meiner Trödelei musste Uli ordentlich Gas geben, damit wir es wenn nötig noch vor Ladenschluss schaffen würden. Leider brachte ein erneuter Anruf von unterwegs etwas Ernüchterung: Das Paket war wohl heute nicht dabei, wir sollten es doch morgen Mittag wieder versuchen. Sehr schade – da traf die „Zustellung in der Regel am nächsten Werktag“ wohl nicht für Express-Lieferungen in solch entlegene Ecken Lapplands zu.

Da ist es, das rettende Paket. Kleiner als gedacht so eine Standheizung!

Da der Plan sowieso war, mit den Vans bei Ulis Kumpel Jochen – und somit etwas näher am Postamt – zu übernachten, machten wir uns auf den Weg dorthin, während ich nebenbei noch mit meiner Mama telefonierte. Plötzlich war sie ganz aufgeregt „Das Paket ist zugestellt! Steht in der Sendungsverfolgung!“, rief sie. Was? Hatten sie es übersehen im Postamt? Ein erneuter Anruf bestätigte diese Freude tatsächlich – scheinbar kam noch ein weiteres Auto, um das Express-Paket zu bringen. Ich könne es bis 17 Uhr finnischer Zeit abholen. Ein kurzer Check im Navi verriet, dass dies durchaus machbar war: voraussichtliche Ankunft: 16:38 Uhr. „Also los, dann musst du jetzt etwas zügiger fahren!“ sagte Uli, stellte seinen Van auf einem Parkplatz an der Straße ab und sprang auf meinen Beifahrersitz. Jetzt hieß es 90 km „heizen“ – im doppelten Sinne. Zum einen bretterten wir mit 90-100 Sachen über die zum Teil recht hoppelige Eispiste, zum anderen stand die Heizung im Cockpit des Nuggets schon seit Alta auf Volldampf, um das sonst unbeheizte Auto bei bis zu -22°C Außentemperatur möglichst warm zu halten. Beides klappte besser als gedacht! 16:35 Uhr kamen wir mit einer 25°C warmen Küche in Enontekiö, Finnland an. Und so hielt ich kurz darauf freudig und aufgeregt mein ersehntes Paket in den Händen. Wie geil – das hat gerade noch so geklappt! Und was für ein Zufall, dass meine Mama gerade da noch einmal in die Sendungsverfolgung geschaut hat!

Der Einbaukrimi

Die Rückfahrt war dann wesentlich entspannter… wir hatten ja Zeit, dachten wir! Auf dem Weg haben wir dann nochmal kurz bei einer Esso-Tankstelle gehalten, die eine angeschlossene Werkstatt hatte, welche man stundenweise mieten konnte. Diesen Tipp hatte uns Jochen gegeben, der nun schon seit über 50 Jahren dort in der Gegend lebt. Wir schauten uns die Werkstatt mal durchs Fenster an und waren begeistert – Hebebühne, Werkzeug, große Deckenhöhe – alles, was das Herz begehrte. Der Mitarbeiter der Tankstelle versprach, dass er sich meldet, ob wir die Werkstatt am nächsten Tag für den Einbau der Heizung mieten könnten. Das klang gut!

Bei Jochen angekommen fragte dieser nach einem kurzen Plausch, ob wir denn noch heute die Heizung einbauen wollten. Heute? Es war doch schon 17:30 Uhr! „Warum nicht, die Werkstatt hat bis 22 Uhr offen.“ sagte Jochen voller Tatendrang. Gut, er sollte ja auch nicht mitkommen – Uli wollte ja beim Einbau helfen. Aber auch er war einverstanden, ganz nach dem Motto „Was du heute kannst besorgen…“ Geil, wenn man bedenkt, dass die beiden schon über 70 sind! Plötzlich war ich wieder ganz aufgeregt. Sollte dieser Tag etwa noch weitergehen?!

Ein Anruf von Jochen bei der Tankstelle bestätigte, dass wir gern noch kommen könnten. Da wir außer Frühstück noch nichts gegessen hatten, gabs schnell noch ein paar Brote, und dann machten wir uns auch schon wieder auf den Weg. Kurz vor 19 Uhr dort angekommen dann die Ernüchterung: Die Werkstatt war besetzt. Würde noch ca. 45-60 Minuten dauern. Puh, das wird ganz schön knapp, dachte ich. Uli war da entspannter. Daher bestellten wir uns noch ein paar Chicken Wings, genossen den spendierten Kakao des Tankstellenwartes und warteten… 20 Uhr waren die anderen dann endlich fertig und wir konnten reinfahren. Dann gleich die erste Herausforderung: Wie bekommen wir den Nugget auf die Hebebühne? Ein Kollege aus der Werkstatt – sein Esso-Shirt verriet uns, dass er irgendwie dazugehörte – bat seine Hilfe an, so dass wir innerhalb von 10-15 Minuten einen schwebenden Nugget in ca. 1,5 Metern Höhe hatten. Cool!

Da schwebt er der Nugget. War ein bisschen unheimlich, aber hat gut gehalten…

Der Kollege fragte dann, was wir eigentlich vorhatten. Als er das hörte, bot er erneut seine Hilfe beim Einbau an. Nach kurzer Überlegung sagten wir da natürlich nicht nein – wer weiß, welche Hürden solch ein Wechsel der Standheizung mit sich bringen würde.

So sah das Ganze dann von unten aus. Die korrekten Anhebepunkte haben wir vorher nochmal in der Beschreibung nachgeschlagen.

Alle sagten zwar, das sei kein Problem, aber der Teufel liegt ja bekanntlich im Detail. Und das tat er auch! Die erste Hürde war die Steckverbindung des Kabelbaums. Diese war mit sehr gut klebendem Schaumstoff umwickelt und mit einem nicht ganz so intuitiven Sicherheitsverschluss zusammengesteckt. Das bekamen die beiden Jungs aber irgendwann – nach viel Fluchen und Kopfschütteln – gelöst, so dass wir nach insgesamt 45 Minuten in der Werkstatt die Heizung samt Blechkasten abgeschraubt hatten.

Nachdem die Heizung endlich vom Nugget getrennt war, ging das Tüfteln auf der Werkbank weiter. Nicht so einfach wie man denken mag so ein Austausch einer 4 Jahre genutzten Heizung!

Nun mussten „nur“ noch alle Schläuche gelöst und die Heizung vom Blech geschraubt werden. Neben schlecht erreichbaren Schrauben gabs dann sofort das nächste Problem: Das Auspuffrohr der Heizung hatte sich dermaßen festgesetzt, dass es sich keinen Millimeter bewegt hat. Mit Spezialspray und Brecheisen (ohne Witz) hat sich das Biest dann endlich lösen lassen. Ich konnte gar nicht hinschauen! Leider war das Rohr scheinbar in den Jahren so porös geworden, dass es durch eine leichte Berührung sofort kaputt gegangen ist – glücklicherweise erst hinter dem Schalldämpfer. Der Norweger war sichtlich bedrückt darüber und versprach, gleich noch zu sich nach Hause zu fahren, und Ersatz von seinem eigenen Wagen zu holen!

Einmal schief angeschaut – schon gebrochen. Zum Glück nur ein kleines Stück HINTER dem Schalldämpfer.

Für mich lief das alles irgendwie zunehmend wie in Trance ab. Meine Gefühle hüpften von „Oh Gott, wie sollen wir das in der kurzen Zeit schaffen?“ über „Wie geil, dass die Jungs sich so sehr reinhängen für meine Heizung!“ bis hin zu „Scheiße, was machen wir denn, wenn wir das alles nicht mehr zusammengebaut bekommen?“. Gefühlt war ich kurz vorm Herzinfarkt, aber die beiden Jungs blieben ganz cool. Irgendwann war alles ab, die neue Heizung in den Kasten gebaut und die ersten Schläuche angeschlossen. Nun musste das ganze wieder unters Auto gebaut werden. Auch das war nochmal eine echte Hürde. Zum Glück hatten wir uns schon beim Ausbau in MacGuyver-Manier eine kleine Stütze aus einem Mülleimer und zwei Reifen gebaut, so dass ich das Ganze nicht ewig hochhalten musste.

Trotzdem lief uns die Zeit davon, so dass irgendwann – ich glaube 22:30 Uhr war es schon – der Tankstellenwart kam und fragte, ob wir schonmal abrechnen könnten. Wie er mir später sagte, musste er wohl noch 400 km nach Hause fahren!! Oh Mann, war mir das unangenehm! Aber nun steckten wir einmal drin in der Misere… Der norwegische Kollege war aber noch voller Tatendrang dabei und fuhr tatsächlich noch nach Hause, um ein neues Auspuffrohr zu holen. Das passte zwar schlussendlich nicht richtig, so dass wir das gebrochene Rohr schließlich einfach etwas gekürzt haben, aber wie geil war das bitte von ihm?!

23 Uhr hatten wir dann tatsächlich alles wieder angebaut. Nun kam der alles entscheidende Moment: Ich konnte die Heizung starten! Auf Rat und Erfahrung von Jochen habe ich sie mehrfach an- und erst einmal wieder ausgeschaltet, so dass zunächst ausreichend Diesel ins System fließen konnte. Nach dem Dritten Anschalten ließ ich sie dann laufen und tatsächlich, sie startete korrekt und pustete irgendwann warme Luft aus den Auslässen. Du glaubst nicht, wie erleichtert wir alle waren?! Mir kamen fast die Tränen vor Glück!

Meine absoluten Helden – in 3 Stunden haben sie quasi bei Nacht und Nebel meine Heizung eingebaut, im wahrsten Sinne des Wortes!

Tja, und dann kam das Beste. Ich fragte den Norweger, was er bekäme und ob er Paypal o.ä. hätte. Er meinte „Nichts, ich habe gern geholfen!“ Waaaass? Nein, das konnte ich natürlich nicht annehmen! Er sagte dann schließlich „Ok, 2 Schachteln Zigaretten wären ganz cool“. Da der Laden aber schon zu hatte, war das schwierig. Schlussendlich blieb mir nur, ihm meine Bargeld-Euros zu geben. Eine Flasche Schnaps wäre in dieser Situation sicherlich ebenfalls hilfreich gewesen – darüber hatte ich im Vorfeld der Reise sogar tatsächlich nachgedacht, den Gedanken dann aber wieder verworfen. Ich hoffe, er war trotzdem halbwegs zufrieden – wobei ich das Gefühl hatte, dass er wirklich gern geholfen hat und unsere Freude für ihn der größte Dank war! Unglaublich! Wo bitte würde man so etwas in Deutschland erleben?! Und natürlich bin ich auch Uli unendlich dankbar, dass er diese ganze Aktion mit seinen 71 Jahren mitgemacht hat! Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber das war einfach nur der Wahnsinn von ihm!

Der Kältekrimi

Völlig fertig mit den Nerven (zumindest galt das für mich) fuhren wir zurück zu Jochen und ich bekam für den Notfall eine Stromversorgung neben meinen Nugget gelegt – falls in der Nacht doch irgendwas nicht klappen sollte mit der neuen Heizung. Bislang lief sie allerdings einwandfrei. Und auch in der Nacht schnurrte sie zuverlässig vor sich hin und bescherte mir im Bett gewohnte wohlig warme 14-15°C, trotz Außentemperaturen von -20 bis -22°C. Das sah doch schon richtig gut aus!!

Die erste Nacht mit neuer Heizung war überstanden. Neben Ulis Van hab ich auf Jochens Hof bei -22°C gut genächtigt. Den “Notstrom” brauchte ich zum Glück nicht.

Für den kommenden Abend war ein teilweise klarer Himmel und recht kalte Temperaturen angesagt. Daher entschied ich mich, noch eine Nacht bei Jochen zu bleiben. Im Notfall hätte ich hier Strom und wir könnten meinen Motor bei Bedarf am nächsten Morgen mit einem großen Heizlüfter anwärmen. Also gut, eine richtig kalte Nacht wollte ich ja schon immer mal im Nugget ausprobieren – umso besser, wenn das unter diesen „kontrollierten“ Bedingungen geschieht. Uli konnte leider nicht mehr wie geplant bleiben – er musste kurzfristig zu einem Arbeitseinsatz nach Hammerfest. Sehr schade!

Uli (links) und Jochen (rechts) sind wirklich der Knaller! Dicke Freunde und absolut herzensgut – solche Menschen braucht die Welt!

Dafür habe ich mich noch sehr nett mit Jochen unterhalten. Er ist vor 52 Jahren aus Deutschland ausgewandert und hatte natürlich einiges zu erzählen. Das Witzigste fand ich, dass er auch einen Nugget hatte, der sogar auf dem Hof stand. Er hatte ihn zwar mittlerweile schon verkauft und für seine Offroad-Reisen gegen einen Pickup mit Wohnkabine getauscht, aber er kannte trotzdem sämtlichen Nugget-Content bei YouTube. Und so stellte sich heraus, dass er mich sogar schon „kannte“, und zwar aus dem Interview mit Stebo von den 2 Mays über meine Norwegenreise 2019. Wie klein ist bitte die Welt?!

Nuggets findet man wirklich überall… sogar im tiefsten Lappland. Jochens “Elefantenschuh” war allerdings im Winterschlaf.

Das Highlight des Tages war dann eine Fahrt mit seinem Schneemobil. Ich bin damit durch kleine Wäldchen zu und vor allem AUF einem nahegelegenen Fluss gefahren. Seeeehr geil, nur bei -20 Grad recht eisig im Gesicht und an den Händen. Ewig hab ich es daher nicht ausgehalten, aber Spaß hat es mächtig gemacht! Die Finger sind dann auch schnell wieder vor dem Kamin aufgetaut. So richtig realisieren konnte ich immer noch nicht, was da alles gerade so passierte.

Was ne Gaudi! Mit 50 Sachen über einen zugefrorenen Fluss brettern hat was! Bei -20°C aber auch ein durchaus frostiges Erlebnis! Dank an Jochen für dieses Highlight!

Meine bisher kälteste Nacht im Nugget. Ca. sieben Stunden bewegten sich die Temperaturen zwischen -25 und -28,5°C.

Und dann kam die nächste Nacht. Der Nugget stand noch immer ohne Landstrom und mit laufender Heizung auf Jochens Hof. Draußen wurde es immer kälter. Schon 18:30 Uhr sank das Thermometer unter -25°C. Kurz nach Mitternacht waren wir dann am Tiefpunkt der Nacht angekommen… -28,5°C. Leider sank die Temperatur im Nugget trotz hoch eingestellter Soll-Werte auch immer weiter. Am Schreibtisch blieben es zwar noch um die 20°C, aber oben im Bett herrschten irgendwann nur noch 11 Grad. Hier schien die 3 KW Heizung also tatsächlich mal an ihre Grenzen zu kommen. Für mich aber auch völlig in Ordnung, denn -30°C möchte ich dem Fahrzeug auch nicht dauerhaft aussetzen. Das Schlafen war mit entsprechenden Decken auch noch problemlos ohne zu Frieren möglich, zumal es morgens beim Aufwachen mit fast 20°C schon zu warm war im Bett. Draußen waren die Temperaturen inzwischen auch wieder auf -14°C geklettert.

Soweit war ich also zufrieden – zum einen, dass ich die bisher kälteste Nacht im Nugget gut überstanden hatte, zum anderen, dass die Heizung scheinbar wieder zuverlässig lief. Eingefroren ist mir übrigens auch nichts, wobei das Thermometer unter der Gasflasche in dieser Nacht tatsächlich schon 0°C angezeigt hat. Das Gas brannte aber weiterhin.

Nun konnte meine Reise also weitergehen. Nach einer spannenden Roomtour in Jochens Offroad-Wohnkabine machte ich mich Mittags wieder auf den Weg. Nach zweimaligem Vorglühen startete ich vorsichtig den Motor, der überraschend gut ansprang nach den 7 Stunden mit unter -25°C in der Nacht! Auch Jochen war begeistert, wie mein neuerer Ford Transit diese Temperaturen wegsteckte. Kein Stottern, kein Nageln… Geil! Auch wenn dieser Start den Motor vermutlich ähnlich altern ließ wie 1.000 km Autobahnfahrt.

Neue Probleme?

Nachdem der Nuggetmotor eine halbe Stunde warm gelaufen war, ging es für mich weiter nach Enontekiö, wo ich mich mit zwei anderen Nordkapp-Reisenden mit Wohnmobil treffen wollte. Beide waren ehemalige Nugget-Fahrer, sind nun aber auf größere Fahrzeuge umgestiegen.

Diese beiden ehemaligen Nuggetfahrer Ronny und Jürgen sind nun etwas komfortabler unterwegs. Ihr nächstes Ziel: Nordkapp.

So saßen wir gemütlich bei gegrillten Würstchen und Beilagen zusammen und plauderten über unsere Erlebnisse. Die Heizung im Nugget hatte ich wie meistens auf 19,5°C eingestellt – draußen herrschten -14°C und unangenehmer Wind. Als ich zwischendurch mal im Nugget war, wunderte ich mich doch sehr über die niedrigen Temperaturen: Es waren überall nur 12-13°C. Was war das denn nun schon wieder? Nachdem die Innentemperatur trotz eingestellter 29°C in den nächsten Stunden noch immer nicht stieg, zerbrach ich mir vor dem Schlafengehen schon wieder den Kopf. Irgendwann schlief ich dann ein und wachte – ähnlich wie nach der frostigen Nacht zuvor – wieder bei knapp 20°C auf. Da es draußen aber auch nur noch -5°C hatte, passte das ganz gut zusammen. Aber irgendwie ließ es mir keine Ruhe. Meine alte Heizung hätte bei eingestellten 29°C eine Sauna aus dem Nugget gemacht, auch bei -10 oder -15°C Außentemperatur. Irgendwas stimmte hier nicht.

Schon am späten Abend gingen noch ein paar Nachrichten mit Timo Stücken hin und her (Timo, schläfst du eigentlich mal irgendwann??), bis mir schließlich am Morgen noch einmal der Eberspächer Kollege antwortete, dass es sich für ihn so anhöre, als ob nicht genügend Diesel in der Heizung ankommt und sie daher nicht richtig hochheizen konnte. Aber warum? Eine Möglichkeit wäre natürlich die Dieselpumpe, aber sollte diese zufällig quasi zeitgleich mit dem Brennermotor schwächeln? Oder hatten wir etwas falsch angeschlossen? Aber warum lief sie denn dann vorher? Am naheliegensten war die Erklärung, dass der Diesel in der kalten Nacht in der dünnen Dieselleitung der Heizung leicht angefangen hatte zu sulzen. An einer Tankstelle in Inari (Finnland) hatte ich mal gesehen, dass der Winterdiesel dort bis -34°C ausgelegt ist. Nun, mit immer noch verbleibenden Resten aus Deutschland und ein paar Grad weniger auf dem Boden als von mir gemessen, könnte das schon gereicht haben, um den Diesel in der superdünnen, freiliegenden Leitung ausflocken zu lassen. Ein Reset in Form einer Stromlos-Schaltung der Heizung am Morgen brachte zumindest keine Veränderung. Danke an dieser Stelle an Ronny und Jürgen, die mir noch bei der Fehlersuche geholfen haben, bevor sie in Richtung Alta weitergefahren sind.

Ich selbst bin dann auch erstmal weitergefahren – in diesem Fall etwa drei Stunden bis zur norwegischen Küste. Zwischendurch habe ich mich nochmal unters Auto gelegt, um alle sichtbaren Schläuche zu checken. Sah alles gut aus, soweit ich das sehen konnte. Es trat auch nirgends merklich Wärme aus, die da nicht hingehörte. Angekommen am neuen Schlafplatz stellte ich die Heizung dann auf 20°C, was sie auch ohne Probleme schaffte. Einen Test bei eingestellten 27°C brach ich schließlich ab, nachdem es schon mehr als 25°C überall hatte. Es scheint also erstmal alles wieder so zu funktionieren wie es soll. Ich werde das aber definitiv in den nächsten Tagen weiter beobachten, und notfalls in Tromsø mal nach einer Werkstatt suchen, in die ich mich für ein paar Stunden zum „Auftauen“ stellen kann. Dies sei nämlich nach Aussage des Eberspächer-Kollegen notwendig, um die Paraffine im Diesel im ganzen System wieder völlig aufzulösen. Schäden seien durch die Versulzung aber nicht zu erwarten.

Na, dann hoffen wir mal das Beste. Mir reicht es gerade erstmal mit Herausforderungen und Abenteuern!

Was für eine Story?!

In Summe muss ich sagen, dass diese Erfahrung mich zwar extrem mitgenommen, aber auch unheimlich geflasht hat. Wie hilfsbereit und aufopfernd können Menschen sein?! Ohne diese Hilfe von so vielen Seiten würde ich jetzt garantiert traurig im kalten Nugget auf dem Weg nach Hause sitzen. Stattdessen ist wirklich das Unmögliche passiert und ich hatte in weniger als einer Woche eine neue, funktionierende Heizung eingebaut – inkl. Versand und Einbau! Sowas kann man sich nicht ausdenken! So viele Zufälle, Fügungen und Glück auf einmal kann man echt nicht glauben!

Ach ja, dann kam ja noch ein weiteres Glück dazu – in der kalten Nacht konnte ich sogar bei -27°C noch herrlichstes Polarlicht erleben und fotografieren! Aber dazu mal mehr in einem anderen Blog…

In der zweiten Nacht bei Jochen wurde ich sogar noch mit Polarlicht belohnt. Wieviel Glück kann man haben?!

Momentan bin ich einfach unendlich dankbar und merke, wie langsam der Druck und die Anspannung der letzten Tage von mir abfällt. Jetzt brauche ich glaube ich erstmal eine kleine Auszeit von allem, die ich mir jetzt auch gönnen werde. Ich hoffe, ich kann irgendwann auch mal anderen Menschen so sehr helfen und damit das Karma wieder etwas ins Gleichgewicht bringen.

12 Kommentare
  1. Martin Goetzke sagte:

    Hallo Katja,
    ich ziehe meinen Hut. Das war ein Erlebnis. Ich wäre auch “extrem mitgenommen” gewesen. Du hast es faszinierend gemeistert. Ich kann nachvollziehen, wie es sich anfühlt. Auch ich bin 2022 im Winter unterwegs gewesen und ein vergleichbar geringer Elektroschaden hat bei mir schon starke Anspannungen zur Folge gehabt. Ich hoffe sehr, dass mir deine Erfahrungen bei unserer diesjährigen Reise erspart bleiben. Der Heizungsausfall ist für mich eine Horrorvorstellung. Sollte es allerdings passieren, werde ich auf deine Infos zurückgreifen. Ich wünsche mir schon jetzt, dass wir im Fall der Fälle genauso viel Glück haben, wie du, und hilfreiche, nette Menschen treffen werden. Wir, meine Frau und ich, fahren nach aktueller Planung am 24.01. in unserem Westfalia Club Joker los und werden hoffentlich genügend Nordlichtnächte erleben. Ich hatte das letzte Jahr leider nicht so viel Erfolg. Allerdings, das muss ich zugeben, bereite ich mich offensichtlich nicht so planmäßig und gründlich darauf vor wie du. Dein Buch zur Astrofotografie ist im Übrigen sehr lesenswert für mich und hat mir zahlreiche Anregungen gegeben. Es wird mich auf der Fahrt in diesem Jahr auch begleiten.
    Viel Spaß auf deinen Reisen und nie wieder solche Erlebnisse (und wenn, dann nur mit vergleichbar hilfreichen Geistern).

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  2. Volker sagte:

    Hallo Katja,
    ein lieber Bekannter meinte gestern: “…wenn du auch eine Eberspächer Heizung hast, solltest du dir den Blog von Katja mal durchlesen.”
    O.K. – Mein Crafter (in der 1. Phase des Selbstausbaus) wurde vom Vorbesitzer und kurz vor dem Kauf meinerseits auch mit dieser Heizung (unter dem Beifahrersitz) nachgerüstet. Stunden seit dem Einbau: Keine Ahnung. Deine Erfahrung lässt einen aber aufhorchen. 😳

    Zunächst einmal meinen Respekt an dich und alle Beteiligten für die Lösung dieses Problems. Das war alles andere als einfach. 👍😊
    Die Verbauung der Heizung im Außenbereich des Nuggets ist sicher der kompakten Länge geschuldet. Alles, was bei Temperaturen jenseits von -20 oder -30 Grad funktionieren soll, tut sich halt auch sehr schwer. Ich habe 14 Winter in Canada verbracht und als Kfz-Mechaniker gearbeitet. In Temperaturen bis zu -40 Grad. Da haben LKWs Tankheizungen, isolierte Leitungen, Kraftstofffilter und laufen nachts durch.
    Hiesig gebaute “winterfeste” Camper sind eher für Temperaturen bis um -10 Grad gedacht – für eine Reise in die absoluten Kältezonen gehört schon eine gehörige Portion Mut mit ins Gepäck. 😎

    Kleiner Tip – aus Erfahrung – meinerseits: Pack’ dir als Notfallersatz so eine € 99 Chinaböller-Heizung ins Gepäck. Die sind von der Formgebung her nahezu baugleich und das andere Bedienpanel kannst du temporär verlegen. Da du jetzt weisst, wo die Heizung montiert ist und wie man da heran kommt, ist das eine billige Versicherung. Da sind auch Schläuche, Pumpe, etc. dabei. Bei der Kälte nehme ich auch eine Ersatz-Lichtmaschine, Benzinfilter und Lötlampe mit.

    Dir wünsche ich weiterhin tolle Erlebnisse auf deiner Reise – bleib’ sicher. 🚐☁🍀

    Viele Grüße aus Herne,
    Volker
    P.S.: Das Enfold Theme für WP gefällt mir sehr gut! Das Design meiner Site ist etwas in die Jahre gekommen und gehört auch überarbeitet. Mal schauen, ob das farblich in mein CI passt.

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  3. weng sagte:

    … hab mir übrigens dieser tage die neue OM 1 gegönnt – sie hat astrofokus – für den nä wintertrip in die polarlichtgegend – bin schon gespannt?!

    glg willi

    Antworten
  4. weng sagte:

    hi katja,

    echt tolle geschichte – und – ich könnte sie fast 1:1 geschrieben haben -:) … war im winter 2018 am nordkap und erlebte ähnliche hilfsbereitschaft u. solidarität wie du! … einfach umwerfend schön und diese dinge sind es letztlich, die einem od. einer lernen dieses land mit seinen tollen menschen wirklich zu lieben!!! ich habe heuer bei meiner sommerreise in norwegen einigen von ihnen ein “dankbarkeitsflascherl” wein gebracht … viele feuchte augen ob des gegenseitigen respekts und des dankes …
    ich fahre nä winter wieder “hoch” … es wäre ganz toll, wenn es für technisch u. medial unbegabtere menschen wie mich ein sammelforum für diese reise gäbe?
    … mir hat auch jemand für 3-4 std. eine riesengarage aufgeheizt u. unterstützt und nach meiner frage der bezahlung meinte er: … zu bezahlen wäre nichts, nur den nächsten menschen der hilfe braucht, den sollte ich helfen … eh klar, aber wer gibt heute noch solche antworten? ein zweiter mechaniker hat seinen kunden für den nä. tag vertröstet, weil er meine heizung für dringender erachtet hat … unvorstellbar in “mittel”europa … die winterbegegnungen in skandinavien gehören zu den mind. gleichwertigen highlights als die nordlichter – so meine erfahrung!!!

    danke für deine geschichte u. alles liebe!

    willi

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  5. Anja SG sagte:

    Liebe Katja,
    was für ein Krimi mit aufregenden Situationen in der Eiseskälte. Und was für berührende Fotos von Menschen, die liebenswürdig sind und denen man vertrauen kann. Die wunderbaren Polarlichter lassen die Landschaft zudem in einem traumhaften Licht erscheinen. Ich bin sehr begeistert! Dein Fotokalender 2022, den ich jetzt glücklich in den Händen halten kann, zeigt mir jeden Tag Deine andere Welt, von der wir hier in Deutschland nur träumen können. Ganz, ganz lieben Dank für dieses wundervolle Werk! Ich wünsche Dir nun, dass Deine Reise weiterhin glücklich verläuft und freue mich auf Deine nächsten Berichte! Ganz liebe und warme Grüße, Anja

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  6. Torsten sagte:

    Hallo Katja, hier ist wieder Torsten. Das Lesen war schon spannend genug: Aber, wenn ich mir vorstelle, du schreibst mit diesem Drama- Grundgerüst ein Buch. Sagen wir mal eine Horror-Geschicht , z.B. “Kalter Tod im Nordlicht”. oder vielleicht eine Liebesgeschichte, ” Winterliebe in Norwegen”. Das würde ein Bestseller werden!!. Wie gesagt, dass Grundgerüst steht…Alles Gute noch..Und schön “oben” bleiben , damit wir weiter Mit(er)leben dürfen..LG Torsten

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  7. Volker Meuche sagte:

    Hallo Katja, was für eine unglaubliche Geschichte mit einem tollen Ausgang! Ich bewundere Deinen Mut und Deine Geschicklichkeit. Ich hätte nicht gewusst was zu machen is. Durch Deinen Bericht ist mir aber deutlich geworden was vor einer solchen Reise alles bedacht werden sollte. Weiterhin gute Fahrt und ich bin gespannt auf weitere Berichte und Bilder. Schöne Grüße, Volker

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    • Katja Seidel sagte:

      Hallo Volker,
      naja, Mut ist das eine, aber ohne die Hilfe der vielen Menschen hier und zu Hause hätte ich gar nichts machen können. Es war auch sehr viel Glück dabei, dass ich gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und zufällig die richtigen Leute kannte. Aber man muss ja auch mal Glück haben im Leben!
      LG, Katja

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  8. René sagte:

    Eine tolle Story, aber auch toll geschrieben.
    Es ist super zu erfahren,was es doch für nette und hilfsbereite Menschen gibt. Auch für einen selber ist das eine Motivation,anderen zu helfen.
    Dir,liebe Katja, weiterhin eine gute Reise.
    LG René

    Antworten
    • Katja Seidel sagte:

      Danke lieber René! Das sehe ich ganz genauso. Ich freue mich auch immer, wenn ich anderen helfen kann – das nächste Mal werde ich mit meiner Geschichte im Hinterkopf aber sicher besonders intensiv erleben!
      LG, Katja

      Antworten
  9. Gabriele Winter sagte:

    Großartige Geschichte, die nur das Leben schreiben kann und zeigt, dass man auch in den schlimmsten Situationen Zuversicht haben soll und die Hilfsbereitschaft größer ist als man denkt. Also nicht herunterziehen lassen lassen von pöbelnden unsozialen Menschen, es gibt auch die anderen . Viel Glück weiterhin ❤️

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