Vulkantour 2025: Teil 3 – Sizilien und Ätna
Nach den Liparischen Inseln Salina und Stromboli stand schließlich Sizilien mit dem Ätna als letztes Ziel auf unserem Reiseplan. Was uns hier erwarten sollte, hätten wir nicht zu träumen gewagt. Zwar gab es nicht wie kurz gehofft Polarlicht am Abend vor dem Heimflug, dafür aber ein anderes „Grande Finale“, dass uns auch in der letzten Nacht noch den Schlaf rauben sollte. Aber lies selbst. Und sorry schonmal, dass dieser Blog etwas länger geworden ist bei all den Ereignissen 😉
Der Ätna – imposanter Riese auf Sizilien
Der Ätna gehört wohl zu den bekanntesten aktiven Vulkanen Europas – und geografisch gesehen ist er mit aktuell 3.403 m sogar der höchste (der Teide auf Teneriffa gehört ja nur politisch zu Europa). Aber auch das ist Ansichtssache – denn zieht man vom Ätna die nicht-vulkanische Basis ab und rechnet diese unter Wasser beim Stromboli hinzu, dann ist der Stromboli genau genommen sogar höher als der Ätna. Aber wie auch immer man es nimmt, beeindruckend sind beide auf ihre Art! So besitzt der Ätna neben seinen aktiven Gipfelkratern beispielsweise mehr als 300 Seitenkrater, von denen einige als imposante Überbleibsel früherer Ausbrüche hautnah besichtigt werden können. Hierbei muss man auch keine Angst haben – sie sind zwar meist über eine Spalte mit dem Gipfel verbunden, diese schließt sich jedoch nach dem Ausbruch durch nachfließende Lava. Somit sind solche Seitenkrater nur einmal aktiv, während die Gipfelkrater mehrfach aktiv sind.

Die Gipfelkrater des Ätna sehen von den „Pizzi Deneri“ auf 2.800 m aus schon sehr imposant aus!

Solch einen Seitenkrater wie hier kann man auf verschiedenen Touren aus nächster Nähe bewundern.
Touristisch ist der Ätna sowohl von der Süd- als auch von der Nordseite erschlossen. Bis zu beiden Stationen auf 1.900 bzw. 1.800 m lässt es sich mit dem eigenen oder gemieteten Fahrzeug fahren, ab da geht es dann mit der Seilbahn (von Etna Süd) oder einem 4×4-Fahrzeug weiter, sofern man nicht wandern möchte. Lässt es das Wetter und die vulkanische Aktivität zu, sind auch geführte Gipfeltouren mit ausgebildeten Bergführern und Schutzausrüstung möglich. Ist man hingegen auf eigene Faust am Ätna unterwegs (bis 2.800 m ist dies normalerweise erlaubt), so ist das nicht ganz ungefährlich. Und hierbei zählt die vulkanische Aktivität bei weitem nicht zu den häufigsten Gefahren. Denn aufgrund seiner Höhe und Nähe zum Meer, herrscht am Ätna ein spezielles Wetter, das sehr schnell umschlagen und gefährlich werden kann. Sturm, Schnee, Kälte und vor allem Gewitter haben hier schon viele Wanderer in plötzliche Not gebracht – und leider auch schon einige Menschenleben gekostet. Besser ist es also immer, sich professionellen Bergführern anzuschließen, wenn Du keine Erfahrung am Ätna hast.
Auf Entdeckungstour am Ätna
Wir hatten ja das Glück, mit zwei erfahrenen Vulkan-Experten unterwegs zu sein, von denen wir viel über die Geschichte und Gegenwart des Ätna lernen konnten. Und so führte uns unsere erste Entdeckungstour nach der ersten Nacht im wunderschönen Agriturismo dell’Etna zunächst mit dem Mietwagen zur Station Etna Nord auf 1.800 m. Hier oben ging ein ordentlicher Wind und die Temperaturen hatten mit denen unten am Meer wenig gemeinsam. Darauf waren wir zum Glück gut vorbereitet und konnten unsere geplanten Anlaufstellen ansteuern. Zunächst wanderten wir ein Stück den Weg hinauf, den auch die 4×4-Fahrzeuge auf ihren geführten Touren nutzen. Solch eine Tour zum Sonnenuntergang stand bei uns ebenfalls auf dem Programm – in Anbetracht der Windvorhersage jedoch erst am letzten Abend. Nach nur wenigen Kurven kamen wir an einen geschichtsträchtigen und gleichzeitig bedrückenden Ort: Ein gewaltiger Ausbruch im Jahre 2002, der auf der Süd- und Nordseite gleichzeitig stattfand, begrub mit einem seiner Lavaströme das 2-stöckige Hotel „Le Betullo“ und die Souvenierläden an der Nordstation. Glücklicherweise gab es keine Toten oder Verletzten, aber so direkt vor dem verschütteten Hotel mitten auf dem Lavastrom zu stehen, führt einem diese Naturgewalt erstmal so richtig vor Augen.

Das Albergo „Le Betulle“ wurde 2002 vom Lavastrom förmlich begraben.
Wir nutzten die Gelegenheit, um uns dort nach einem geeigneten Fotospot für eine geplante Astrofototour umzuschauen. Denn dieser Ort war einer der wenigen vergleichsweise leicht zugänglichen Spots, um das Milchstraßenzentrum mit dem Ätna im Vordergrund abzulichten. Die Station mit den vielen Souvenirläden machte uns allerdings ein wenig Sorgen, wobei wir nicht annahmen, dass hier in der Nacht Festbeleuchtung herrschen würde. Aber da mussten wir wohl einfach abwarten, wie es tatsächlich um die lokale Lichtverschmutzung bestellt war. Generell ist es auf Sizilien ja nicht besonders dunkel, vor allem an der Ostküste mit ihren großen Städten. Aber einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert in den nächsten Tagen bzw. Nächten.
Besuch einer Lavahöhle
Unser Weg führte uns jedoch an diesem Tag erst einmal woanders hin: wir wollten zu einer Lavahöhle wandern, wovon es am Ätna zahlreiche gibt. Sie entstehen meist im zentralen Bereich eines Lavaflusses, wenn dieser am Rand erkaltet und einen Kanal mit festen Wänden bildet. Werden diese immer höher und wachsen oben irgendwann zusammen, so bildet die innen weiterhin fließende Lava einen röhrenförmigen Hohlraum, der nach ihrem Abfließen zurückbleibt. Wir machten uns nach einer kurzen Autofahrt zum Rifuggio Citelli und einer kleinen Brotzeit auf den Wanderweg durch einen schönen Birkenwald. In Serpentinen aus feinem Lavagestein (primär Lapilli) und über größere Felspassagen ging es dabei auf und ab, bis wir die „Grotta di Serracozzo“ schließlich nach etwa 2 km erreicht hatten. Diese Lavahöhle ist beim Ausbruch 1971 entstanden – ist also schon älter als ich.

Eine schöne, aber durchaus etwas anspruchsvolle Wanderung führte uns zu dieser von oben unscheinbar wirkenden Lavahöhle (im rechten Bild von oben zu sehen).
Was an der Oberfläche noch so unscheinbar wirkte, offenbarte seine Schönheit im Inneren. Magisch fiel das Licht durch den Eingang und ein Loch in der Decke entlang der hohen Höhlenwände auf den Boden, was eine fantastische Stimmung und zugleich ein tolles Fotomotiv ergab. Später wurde die Höhle dann so flach, dass wir nur noch gebückt und mit Stirnlampen vorankamen. Wirklich ein beeindruckendes Zeugnis vulkanischer Aktivität!

Wirklich beeindruckend und gleichzeitig sehr fotogen war diese Lavahöhle auf ca. 1.850 m Höhe.

Im Inneren der Höhle wurde es dann schnell enger, so dass man nicht mehr aufrecht stehen konnte.
Solltest Du selbst mal am Ätna sein und solch eine Tour machen wollen, schließe Dich am besten einer geführten Tour mit erfahrenen Bergführern und entsprechender Schutzausrüstung an. Es gibt viele tolle Lavahöhlen rund um den Ätna, die zum Teil auch etwas leichter zu erreichen sind. Häufig werden solche Wandertouren auch in Kombination mit einem Abstecher ins beeindruckende Valle del Bove angeboten – ein riesiges Tal an der Ostseite des Ätna, dessen Ränder bis zu 1.000 m hoch sind.
Eine lange Nacht am Ätna
Nach zwei etwas wolkigen Nächten – über die wir ehrlich gesagt auch mal ganz froh waren – wollten wir in der dritten Nacht unser Milchstraßen-Vorhaben auf Etna Nord in die Tat umsetzen. Und so standen wir schließlich kurz nach 3 Uhr am ehemaligen Albergo Le Betulle und sahen leider unsere Befürchtungen bestätigt: Die Station war selbst um diese Uhrzeit von hellen Straßenlaternen erleuchtet. Mangels Alternativen blieben wir jedoch an diesem Ort und nutzten die „Mauer“ aus Gestein des Lavastroms von 2002 als eine Art Schutzschild vor dem direkten Licht der Laternen.

Die Lichtverschmutzung an der Etna-Nord-Station und aus dem entfernten Catania ist nicht zu übersehen, wenngleich der Lavastrom etwas abschattete.
Ich entschied mich daher für mein 50 mm Objektiv an meiner astromodifizierten Kamera. Das Milchstraßenzentrum stand schließlich gegen 3:25 Uhr ziemlich perfekt neben dem Ätna-Gipfel, während die Region um Antares herum fotogen über dem Nordost-Krater thronte. An meinen Aufnahmedaten und im Histogramm merkte ich aber schon, dass der Himmel hier nicht besonders dunkel war, was die Sichtbarkeit der lichtschwachen Strukturen leider etwas beeinträchtigen würde. Nichtsdestotrotz nahm ich per Intervallauslöser mehrere Bilder hintereinander auf, um sie später zu einem Astrolandschaftsbild zu stacken. Beim späteren Durchschauen der Bilder stellte ich fest, dass ich dabei offenbar einen Glückstreffer gelandet hatte: Auf einem der Bilder war eine leuchtend grüne Sternschnuppe zu sehen. Das bearbeitete Einzelbild zeige ich Dir hier mal – auch im Vergleich zur Planung in der App Planit Pro und dem unbearbeiteten RAW (unten).

Der Meteor zeigt genau in Richtung Ätna-Gipfel. Wenn das mal kein Glück bringt! (50 mm, f/2, ISO 3.200, 6 s)

Die Planung in Planit Pro passte perfekt. Auf dem unbearbeiteten RAW (rechts) war allerdings noch nicht allzu viel zu erkennen.
Na, wenn uns diese Sternschnuppe mal nicht noch Glück bringen sollte in den nächsten Tagen…
Gegen 3:45 Uhr begann dann langsam die Dämmerung, und wir machten uns etwas gerädert auf die ca. 45-minütige Rückfahrt. Schließlich waren wir insgesamt schon seit 22 Uhr unterwegs. Trotz Müdigkeit konnten wir aber nicht widerstehen, auf dem Rückweg im Örtchen Milo anzuhalten, um dort den Sonnenaufgang zu fotografieren. Es herrschte noch immer eine tolle Sicht auf den Ätna und das Meer, so dass wir diesen Stop nicht bereuten, als wir schließlich um kurz nach 7 Uhr endlich im Bett lagen.

Ganz allein standen wir auf dem schönen „Piazza Belvedere Giovanni d’Aragona“ in Milo und genossen die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Dass wir hier gut zwei Tage später noch einmal unter ganz anderen Vorzeichen stehen sollten, wusste wir zu dem Zeitpunkt noch nicht…

Aus einer Entfernung von knapp 11 km sahen die Krater und Hänge des Ätna im ersten Sonnenlicht sehr beeindruckend aus.
Der Mond über dem Ätna
Wie Du vielleicht weißt, bin ich ja ein großer Fan von Astrofotoplanungen mit Planit Pro. Und so schauten wir einfach mal spaßeshalber, ob es nicht in unserer Zeit auf Sizilien eine Möglichkeit geben würde, den Mond über dem Ätna zu fotografieren. Und wie es der Zufall will, war dies ausgerechnet am 31.05. abends der Fall, sogar direkt von der Terrasse unserer Unterkunft. Wir müssten also nur gegen 23:30 Uhr „aus der Zimmertür stolpern“ und das Foto der untergehenden Mondsichel machen. Zu dieser Zeit hatten wir zunehmenden Mond, der zu ca. 28% gefüllt war. Die Sichel würde also schon ordentlich hell leuchten, und aufgrund der späten Stunde auch eine vernünftige Vordergrundbelichtung verhindern. Aber einen Versuch war es wert.

Die Planung passt gut mit der Wirklichkeit überein. Mit 600 mm Brennweite war allerdings vom charakeristischen Ätna-Profil nicht mehr viel zu sehen.
Wie erwartet war es nicht so einfach, den Mond samt Bergprofil aufs Bild zu bekommen. Ich entschied mich dann schließlich für eine etwas „längere“ Belichtung von 1/3 s bei ISO 6.400, um den dunklen Teil des Mondes, ein paar Sterne und wenigstens ein paar Umrisse des Berges im Bild sehen zu können. Die „glühende“ Mondsichel verschwindet dabei förmlich in den Gaswolken des Vulkans. Vom markanten Bergprofil blieb allerdings bei meiner Brennweite von 600 mm nicht mehr viel übrig. Dies gelang Jasper mit etwas weniger Brennweite schon etwas besser, weshalb ich sein Bild hier mit seinem Einverständnis auch gern noch zeigen möchte:

Mit 346 mm Brennweite erkennt man mehr vom charakteristischen Ätna-Profil (Foto: Jasper Gerdes)
Geniale Weitsicht bei der Sonnenuntergangstour
Abschließen wollten wir unsere Reise schließlich mit einer 4×4-Tour auf den Ätna zum Sonnenuntergang. Aufgrund der Wettervorhersage hatten wir uns für dieses Vorhaben den letzten Abend ausgesucht. Aber nicht nur dieses Highlight zeichnete sich an diesem Abend ab – mit etwas Glück würden wir sogar Polarlichter auf Sizilien sehen können. Es war nämlich ein starker CME (koronaler Massenauswurf) in Richtung Erde unterwegs, der im besten Fall noch einmal für starkes Polarlicht bis weit in den Süden sorgen könnte. An ein Ereignis wie am 10. Mai 2024 wagten wir zwar nicht zu glauben, aber fotografisches Nordlicht würde ja auch schon genügen. Die Hoffnungen zerschlugen sich jedoch immer mehr, als der CME mit einer unglaublichen Geschwindigkeit von teils mehr als 1.100 km/s bereits am frühen Morgen des 1.6. auf der Erde eintraf. Die Chancen, dass sich das Ganze bis zum Abend halten würde, waren eher gering.

Mit diesem Gefährt ging es die steile Vulkanstraße hinauf zum Observatorium auf 2.800 m zum Sonnenuntergang. (Foto: Jasper Gerdes)
Und so konzentrierten wir uns auf unsere Sonnenuntergangstour und erlebten dabei ein seltenes Highlight. Wir hatten so eine klare Sicht, dass wir oben auf 2.800 m mehr als 200 km Fernsicht hatten. Laut Bergführer kommt so etwas höchstens 2 bis 3 Mal im Jahr vor – wenn überhaupt. Und so sahen wir nicht nur die Liparischen Inseln perfekt, sondern sogar noch klar und deutlich die kleine Insel Ustica, die etwa 190 km entfernt von uns lag.

Die Insel Ustica im Hintergrund ist 191 km entfernt. Im Vordergrund ist der Monte Soro, mit 1847m der höchste Gipfel des Nebrodi-Gebirges, zu sehen. Solch eine Wahnsinnsfernsicht habe ich noch nie erlebt!

Einfach unbeschreiblich schön war der Blick auf unseren Weg und die Liparischen Inseln im Hintergrund. (Foto links: Jasper Gerdes)
Es war einfach nur traumhaft, sich mit diesem Anblick vom Ätna zu verabschieden. Besser hätte es nicht sein können… oder vielleicht doch?
Ausbruch am Ätna!

Das nenne ich mal Einsatz – im Schlafanzug fotografierten wir fleißig den überraschenden Ätna-Ausbruch.
Beim Abschiedsessen in Milo witzelten wir noch: „Na, nun muss ja nur noch der Ätna ausbrechen, wenn es schon kein Polarlicht gibt heute“. Daran geglaubt hatte allerdings niemand, so dass wir kurz vor Mitternacht erschöpft ins Bett fielen, bevor es am nächsten Tag mit dem Flieger zurück nach Deutschland gehen sollte. Unser Flug nach Frankfurt ging erfreulicherweise erst 17:05 Uhr, so dass wir uns noch für 9 Uhr mit Joachim zum Frühstück verabredet hatten. Jasper und sein Stiefvater mussten hingegen schon gegen 6:30 Uhr in Richtung Flughafen aufbrechen.
Und dann begann das spektakuläre Finale – was ich doch tatsächlich beinahe verschlafen hätte! Wach wurde ich schließlich durch ein Klopfen und Rufen an der Tür: „Der Ätna bricht aus!“. Was, das konnte doch nicht sein?! Jetzt wusste ich auch, woher dieses permanente Gehämmere kam, was ich wohl eine ganze Zeit lang in meinen Traum eingebaut hatte. Jasper war nämlich gegen 4 Uhr aus Gewohnheit aufgestanden (solche Gewohnheiten liegen mir leider fern ;-)), um nach dem Ätna zu sehen. Was für ein Glück – oder vielleicht die innere Eingebung eines passionierten Geologen -, denn der Ausbruch hatte wohl just gegen 3:52 Uhr begonnen. Noch bevor er sich angezogen und die ersten Fotos gemacht hatte, versuchte er uns wachzuklopfen. Zum Glück war er extrem hartnäckig, und hatte irgendwann auch Hilfe der Anderen, so dass wir nach geschlagenen 30 Minuten endlich aus dem Dornröschenschlaf erwachten.
Ich wusste erst gar nicht, wie mir geschah. Wie in Trance stand ich auf und wankte auf die Terrasse vor dem Zimmer. Wow, tatsächlich, aus dem knapp 19 km entfernten Ätna kamen immer wieder Feuerfontänen geschossen. Wieviel Glück kann man denn bitte haben?! Gänsehaut pur! Schnell baute ich das schon abreisefertig verpackte Fotoequipment wieder auf und versuchte dieses Ereignis in der Morgendämmerung festzuhalten.

Am Abreisetag bescherte uns „Mamma Etna“ – wie die Einheimischen ihren Vulkan liebevoll nennen – tatsächlich noch einen Ausbruch! Diese Fotos entstanden kurz nach 5 Uhr.
Kurz nach Sonnenaufgang konnte ich dann ein letztes Mal die Feuerfontäne aus dem Südostkrater und den glühenden Lavastrom auf dem Foto sehen. Danach würde es zu hell dafür werden, so dachte ich zumindest. Tatsächlich konnte ich noch bis etwa 8:10 Uhr – also 2,5 Stunden nach Sonnenaufgang – eine glühende Fontäne erkennen, bevor dieses Schauspiel in den immer dichter werdenden Gasen unterging. Auch der Lavastrom hatte sich in dieser Zeit erheblich weiterbewegt.

Um 5:45 Uhr – kurz nach Sonnenaufgang – wird der spuckende Ätna zauberhaft angeleuchtet.

2,5 Stunden später waren von hier aus die letzten Fontänen zu erkennen, bevor alles im Gas unterging.
Tierische Überraschung

(Foto: Jasper Gerdes)
Kurz nach Sonnenaufgang passierte übrigens die nächste Überraschung, die eigentlich gar nichts mit dem Vulkan zu tun hatte (oder vielleicht doch?): Jaspers Stiefvater rief plötzlich „Ein Wiedehopf – direkt vor uns auf dem Baum!“. Ungläubig schwenkte ich meine Kamera herum und konnte meinen Augen nicht trauen. Da saß – vielleicht 5-10 Meter vor uns – das Tier, nach dem ich kürzlich bei einem Besuch am Kaiserstuhl (mehr zu diesem Ausflug mit dem Tele und anderen Tieren vor meiner Linse findest du übrigens hier im Blog) vergeblich gesucht hatte! Genau in dem Moment meinte allerdings meine Kamera, jetzt mal nicht scharfstellen zu wollen. Und so war der Wiedehopf auch schon wieder weg, bevor ich manuell fokussieren und ein Bild von ihm machen konnte. Glücklicherweise war Jasper schneller (und seine Kamera offenbar zuverlässiger), so dass ich sein Foto hier zeigen kann. Leider hatte der kleine Piepmatz seine prachtvolle Federhaube nicht aufgestellt, aber auch so freute uns sein Besuch sehr.
Das „Grande Finale“ – ein pyroklastischer Strom!
Aber zurück zum Vulkan: Nach einer letzten Übersichtsaufnahme von der Hotelterrasse aus, machten wir uns schließlich auf den Weg nach Milo – auf den Platz, an dem wir zwei Tage zuvor noch mutterseelenallein den Sonnenaufgang fotografiert hatten. Joachim war schon vorgefahren, während die anderen beiden leider schon am Flughafen waren. Angekommen in Milo bot sich uns ein ganz anderes Bild als beim letzten Mal: Überall auf dem Platz tummelten sich Menschen und blickten fasziniert zum Vulkan. Es war zwar Montag, aber ironischerweise Nationalfeiertag in Italien. Da hatte sich „Mamma Etna“, wie die Einheimischen ihren Vulkan gern nennen, den richtigen Tag für einen Ausbruch ausgesucht! Das fanden wir allerdings auch – sollte doch in 6,5 Stunden unser Flieger in die Heimat gehen. Auch dieser war natürlich aufgrund der bis zu 11 Kilometer hohen Gas- und Aschesäule potentiell in Gefahr. So wurde bereits am Morgen vorsorglich die höchste Warnstufe für den Flugverkehr ausgerufen, was jedoch nicht automatisch hieß, dass Flüge aus Catania umgeleitet oder abgesagt wurden. Diese Entscheidung hing auch wesentlich von der Windentwicklung und -richtung ab.

Der Vergleich vom Balkon an der Unterkunft (19 km entfernt) und gut eine Stunde später aus Milo (11 km entfernt) zeigt deutlich, wie sich die kilometerhohe Gas- und Aschesäule entwickelt hat.

Genau während unseres kleinen Fotoshootings startete der pyroklastische Strom. (Foto: Joachim Krause)
Um nicht in Streß am Flughafen und bei der Mietwagenrückgabe zu geraten, hatten wir uns ein Zeitlimit bis 12 Uhr für die Abfahrt gesetzt. Bis dahin hatten wir also noch knapp 1,5 Stunden Zeit, die beeindruckenden Eruptionen aus dem Südostkrater zu beobachten. Diese hatten sich um 10:05 Uhr zu einem sogenannten Paroxysmus entwickelt. Davon spricht man, wenn aus strombolianischen Eruptionen (frequente Schlackenauswürfe) nach und nach eine Lavafontäne wird. Am Ätna ist dies durchaus nichts Ungewöhnliches. Die Hochphase dauert dabei meist nur wenige Stunden – also eigentlich perfekt für unseren Zeitplan! Und wir konnten die Eruptionen nicht nur visuell und fotografisch sehen, sondern auch immer wieder in lauten Schlägen hören. Es klang ein wenig wie ein entferntes Gewitter. Was man sich dabei vor Augen führen muss ist, dass das Schauspiel mehr als 10 km entfernt stattfand, und der Schall somit auch mehr als 30 Sekunden brauchte, bis er bei uns angekommen war.
Fotografisch wurde es irgendwann weniger spannend, da sich die Szenerie bis auf eine leicht steigende Rauchwolke und den weiter fortschreitenden Lavastrom wenig veränderte. Und so kam mir die Idee, dass Joachim mich ja mal vor dem aktiven Vulkan fotografieren könnte – wenn ich sowas schonmal erlebe am Ätna. Ich hielt bei unserem kleinen Shooting meine Kamera mit dem aufgesetzten 50 mm Objektiv in der Hand und schaute durch den Sucher. Ab und an machte ich gewohnheitsmäßig auch mal ein Bild. Plötzlich merkte ich, wie sich rechts von der Gas- und Aschewolke von jetzt auf gleich etwas sehr schnell bewegte. Schnell hielt ich drauf und rief gleichzeitig nach hinten: „Joachim, was ist das? Muss das so?“ Nun schaute auch er hoch zum Ätna und war ganz außer sich: „Das ist ein pyroklastischer Strom! Der Wahnsinn!“ (Erklärung von Joachim: Ein pyroklastischer Strom ist eine Mischung aus heißem Gas und Gesteinsbruchstücken, der sich ähnlich einer Pulverschneelawine mit hoher Geschwindigkeit und Temperaturen von mehreren hundert Grad den Hang hinunterbewegt. Am Ätna wurde dieses Phänomen erstmals 1986 beobachtet. In den letzten Jahren sind bei Paroxysmen immer wieder pyroklastische Ströme aufgetreten. Dieser war allerdings mit 3 Kilometern der längste bisher beobachtete.)
Als ob der Ätna kurz vor unserer Abreise nochmal einen draufsetzen wollte, startet nun also – um 11:23 Uhr – das finale „Feuerwerk“. In einer unglaublichen Geschwindigkeit (später wurde diese auf ca. 140 km/h geschätzt) bewegte sich eine Lawine aus Gas und Gesteinsbruchstücken den Hang des Südostkraters herunter, bis alles nach nicht einmal 2 Minuten in einer dicken braunen Aschewolke aufging. Ich habe aus Ausschnitten meiner Einzelbildern mal eine Collage dazu angefertigt, die ich Dir hier natürlich nicht vorenthalten möchte.
Das ganze Schauspiel zählt wohl zu den unwirklichsten Momenten meines Lebens. In meinem Kopf herrschte gleichzeitig Faszination und Sorge, was wohl als Nächstes passieren würde. Dabei machte sich trotz der Hitze an diesem Tag ein kalter Schauer und eine kurzzeitige Gänsehaut auf meinem Körper breit. Dazu trug letztlich nicht nur der surreale Anblick bei, sondern auch die plötzliche (vielleicht auch nur gefühlte) Stille auf dem eigentlich an diesem Tag sehr belebten Platz. Erleben wir das alles gerade wirklich?? Schnell wussten wir jedoch, dass uns in Milo nichts passieren konnte, und so genossen wir dieses „Abschiedsgeschenk“ in vollen Zügen.
Gegen 12:10 Uhr verabschiedeten wir uns schließlich von Joachim, der noch ein paar Tage länger bleiben würde und uns einen Vorher-Nachher-Vergleich vom Südostkrater versprach. Er war auch tatsächlich ein paar Tage später nochmal auf 2.800 m und hat mir die folgenden Vergleichsfotos zur Verfügung gestellt. Für mich – die ja am Abend vor dem Ausbruch auch noch den „Vorher-Zustand“ gesehen hat – ist es unfassbar, dass sich ein Krater in nur 2 Minuten so stark verändern kann! Man schätzt das Volumen der entstandenen Vertiefung durch den pyroklastischen Strom auf etwa 1 Million Kubikmeter! Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn!

Beeindruckend, wie sich der Südostkrater durch den Einsturz der Nordflanke verändert hat! (Fotos: Joachim Krause)
Der Ausbruch selbst war aber tatsächlich kurz nach unserer Abreise in Milo wieder vorbei. Wenn das mal kein perfektes Timing war?! Insgesamt muss man sagen, dass dieses Ereignis wohl etwas ganz Besonderes war. Selbst Joachim hatte so einen pyroklastischen Strom in seiner langjährigen Vulkanhistorie noch nie live erleben können – und das will schon etwas heißen! Wenn Du die Nachrichten verfolgt hast, sind Dir sicher auch die Videos von panischen Menschen untergekommen, die scheinbar um ihr Leben rennen. Ich möchte hier gar nicht allzu sehr auf die daraus entbrannte Diskussion eingehen, wie gefährlich es wirklich war, dass Menschen zur Zeit des Ausbruchs trotz höchster Warnstufe noch von den Tourguides auf 2.800 m gebracht wurden. Im Endeffekt waren wohl zu keiner Zeit Menschen in echter Gefahr, aber hier hat sicher auch ein wenig Glück mit reingespielt. Es bleibt also spannend, ob die Sicherheitsbestimmungen bei Ausbrüchen zukünftig verschärft werden oder es andere Konsequenzen aus diesem Ereignis geben wird. Sollte Dich dieses Thema und weitere Hintergründe zu den Geschehnissen an diesem Tag interessieren, schau Dir gern mal dieses knapp 25-minütige und wie ich finde sehr gute Interview mit dem Vulkanexperten Dr. Boris Behnke auf YouTube an!
Fazit der Reise
„Wow, wieviel kann man eigentlich in 12 Tagen so erleben?“ Das fragten wir uns, als wir pünktlich beim Checkin am Flughafen standen und uns die Ereignisse der letzten Stunden noch einmal durch den Kopf gehen ließen. Wir hatten auf dieser Reise wirklich alles mitgenommen, was ging! Natürlich hatte ich gehofft, einmal einen Vulkanausbruch live erleben zu dürfen – aber gleich sowas? Das wird wohl schwer bis gar nicht zu toppen sein, sollte ich noch einmal auf Vulkantour gehen. Insgesamt war es aber doch eine recht anstrengende Reise, mit wenig Schlaf und vielen Fotos. Allein die Anreise mit begrenztem Gepäck war schon deutlich stressiger als einfach mit dem Camper irgendwo hinzufahren. Aber ich möchte mich auf keinen Fall beschweren – im Gegenteil: Ich bin Joachim und Jasper unendlich dankbar, dass sie mir solche Erlebnisse ermöglicht haben! Es war natürlich purer Luxus, die persönlichen Experten immer bei der Hand zu haben und sogar noch die Leidenschaft für die Nacht- und Astrofotografie zu teilen. Ich konnte während und nach der Reise wahnsinnig viel über Vulkane lernen! Aber auch meiner Mama habe ich sehr zu danken. Sie hat mich nach Kräften unterstützt, beim Tragen des Fotoequipments geholfen (da auch Danke an Wolfgang!) und mich wenns sein musste auch mal ein Stück den Berg raufgeschoben 😉 Und wer weiß, vielleicht ist wirklich etwas dran, dass sie auf Reisen für gutes Wetter sorgt… Es war auf jeden Fall eine super Truppe, mit der ich da unterwegs war. Wir hatten sehr viel Spaß, und wer weiß, wann wir das nächste Mal auf die „Jagd“ nach besonderen Ereignissen gehen.. Mir fällt da schon eins ein 😉

Es war einfach eine geniale Reise mit fulminantem Finale. Besser geht’s wohl nicht!
Kann ich solch eine Reise empfehlen?
Definitiv! Wenn Du Dich für Vulkane interessierst – oder vielleicht durch meine Blogs angefixt wurdest – solltest Du eine Reise nach Sizilien und Stromboli unbedingt in Erwägung ziehen. Um die Chancen auf einen Ausbruch zu erhöhen, kannst Du natürlich auch auf den Besuch anderer Liparischer Inseln verzichten – oder diese alternativ als Ausflug von Stromboli aus unternehmen. Ich persönlich würde nach den Erfahrungen dieser Reise allerdings beim ersten Mal nicht auf eigene Faust losziehen. Ähnlich habe ich es ja auch 2015 bei meiner ersten Polarlichtreise nach Island gemacht, als ich eine professionelle Fotoreise gebucht habe. Für den Ätna und Stromboli bietet so etwas beispielsweise die liebe Ulla Lohmann an, von der Du vielleicht schon als „Vulkanfrau“ gehört hast. Schau gern mal bei Ihrer Vulkan-Fotoreise auf ihrer Webseite vorbei. Ich kenne einige begeisterte Teilnehmer ihrer Reisen und freue mich immer wieder, sie zu treffen und von ihren Abenteuern zu hören! Ein Teilnehmer hat auch mal einen sehr schönen Zusammenschnitt der Vulkanreise aus 2022 bei YouTube veröffentlicht, welcher einen guten Einblick in die Reise gibt.
So, nun hast Du es tatsächlich geschafft, mich bis zum Ende meiner Reise zu begleiten. Danke, dass Du (hier im Blog und vielleicht auch bei Instagram oder Facebook) dabei warst! Ich freue mich über Deinen Kommentar, Deine Fragen und vielleicht hast Du ja schon eigene Vulkan-Erfahrungen gemacht, die Du hier teilen möchtest?
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!