C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) – Kometenjagd mit Sahnehäubchen
Schon seit einigen Wochen habe ich mich auf den Oktober gefreut – endlich würde es mal wieder einen spannenden Kometen geben, der sogar mit bloßem Auge in der Abenddämmerung zu sehen sein könnte! C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) heißt der Gute und sollte etwa ab dem 12.10.2024 im Westen tief am Abendhimmel zu sehen sein. Wie meine Kometenjagd verlaufen ist und was mir noch so alles „vor die Flinte“ kam, erfährst Du in diesem Blog.

Die beste Sichtbarkeit auf den Kometen hatte ich am 14.10.2024 über dem Ammersee.
Polarlicht zum Auftakt
Nach meinem letzten Workshop für dieses Jahr im Harz, ging es am gleichen Tag noch los auf eine mal wieder längere Reise. Erster Stop war Sonneberg in Thüringen, wo ich am 7.10. über meine Polarlichtreisen in einem Vortrag im Astronomiemuseum berichtet habe. Ein toller Abend, volle Hütte, und es hätte sogar zur Krönung noch Polarlichter in Deutschland gegeben – wenn wir dort nicht von dicken Wolken und Nebel eingehüllt gewesen wären. Sehr schade, aber nichts desto trotz hat es großen Spaß gemacht und ich hatte endlich mal Zeit, mir das überaus sehenswerte Astronomiemuseum anzuschauen.
Nach einem kleinen Nuggettreffen mit Freunden in Oberfranken und einem Erholungstag nach dem Stress der letzten Wochen ging es für uns dann weiter Richtung Süden. Denn das nächste Highlight kündigte sich schon an: ein CME aus einem X-Flare sollte die Erde am 10.10. erreichen – genau 5 Monate nach dem letzten Spektakel (mehr dazu hier im Blog) – und vielleicht wieder für fantastisches Polarlicht über Mitteleuropa sorgen. Wenn denn das Wetter mitspielte. Leider sah es nicht wirklich danach aus, denn zumindest nahezu ganz Süddeutschland hatte mit Regen und Wolken eher schlechte Karten. Aber extra wieder nach Norddeutschland fahren, für eine Chance auf besseres Wetter und eventuelles Polarlicht? Nein, das wollten wir auch nicht. Daher hieß es für uns stattdessen die Wettervorhersage studieren und den Ort zu finden, an dem es vielleicht Wolkenlücken und einen schönen Blick nach Norden gäbe. Wir landeten auf einem Park & Ride Parkplatz neben einem Hopfenfeld, wo es am Nachmittag sogar recht verheißungsvoll aussah!

16 Uhr sah es am Spot noch vielversprechend aus.
Die Hoffnung wurde dann aber von Minute zu Minute weniger, als immer mehr Wolken aufzogen. 20:30 Uhr gab es dann schließlich einen kleinen Lichtblick. Leicht grün glimmte es am Horizont und etwas rot darüber – aber immer noch alles weitestgehend hinter den Wolken. Als es dann kurz vor zehn auch noch anfing zu regnen und alles dicht war, war ich vollends frustriert und ging zurück ins Auto. Kurz darauf rief meine Mutter – sie hat mich auf der Reise begleitet – plötzlich von draußen: „Da ists rot am Himmel – es leuchtet wie verrückt!“ ‚Was sieht sie denn da wieder?‘ dachte ich mir, ‚es regnet doch‘. Aber tatsächlich, unter einer schwarzen Regenwolke leuchtete es wirklich knallrot vom Himmel, deutlich visuell sichtbar! Das war verrückt.

Sowas hab ich noch nicht erlebt: Während es regnete, war es knallrot am Himmel darunter! Kurz vor 22 Uhr ging es los…
Da das Wetterradar eine gewissen Aussicht auf Wolkenlücken in den nächsten Minuten bot, ging es für uns mit Sack und Pack zum Fotospot. Und tatsächlich, um 22:30 Uhr tat sich endlich die langersehnte Lücke über uns auf und für ca. 10 Minuten hatten wir einen herrlichen Blick auf mein erstes visuelles Polarlicht in Bayern. Der Wahnsinn! Mehr als der halbe Himmel war rot!

Selbst ein zweizeiliges Panorama konnte nicht alles einfangen!
Zum Glück hatte ich auch ein Fisheye-Objektiv am Start, um dieses Schauspiel gebührend festzuhalten! Denn wenige Minuten später war es auch schon wieder vorbei mit der Wolkenlücke. Die Stunden des Wartens haben sich also mal wieder gelohnt!

Wow, was für ein Anblick – und das in Bayern, und sogar mit dem bloßen Auge sichtbar!
Komet – wo, wie, wann?
Nach diesem ersten absoluten Highlight hieß es dann langsam, sich auf den Kometen vorzubereiten. Vielleicht würde er ja schon am 11. Oktober zu sehen sein? Problem an der Sache war, dass er am Abend nach Sonnenuntergang noch recht flach überm Horizont im Westen stand – also genau da, wo die Sonne unterging. Folglich gab es zwei Herausforderungen: es war sehr hell und meist auch recht dunstig. Also alles andere als gute Voraussetzungen, um einen Kometen zu fotografieren oder gar zu sehen.
Aber, Versuch macht kluch… und so standen wir mit einem Freund, den wir noch spontan besucht hatten, am Abend des 11. Oktober auf einer Anhöhe in der Nähe von Landshut und suchten den halbwegs klaren Westhorizont aufgeregt mit dem Fernglas ab. So richtig wußten wir gar nicht, wonach wir suchten. Zwar konnten wir in der App „Sky Guide“ (unter iOS, unter Android lässt er sich in „Star Walk 2“ finden) sehen, wo er sich in etwa befinden müsste, hatten aber keine Vorstellung davon, wie hell und gut er zu sehen sein könnte.

Apps wie Sky Guide (iOS) helfen, sich am Abendhimmel zu orientieren. In dieser Nacht war die helle Venus ein ganz guter Anhaltspunkt.
Hat man dann kleine Wolken am Himmel, denkt man ja automatisch ‚Mensch, dahinter ist er bestimmt’… So war es aber tatsächlich nicht, denn an diesem Abend war er nur winzig winzig klein im Rot-Orange des Sonnenuntergangs zu sehen. Und das auch nur auf wenigen Fotos, wenn man sie ganz genau danach absuchte.

Winzig klein war der Komet noch am 11.10. kurz vor dem Untergehen zu sehen.
Das war irgendwie enttäuschend. Lag es an der Himmelshelligkeit, dem Dunst am Horizont, oder war er einfach nicht sooo toll, wie alle gehofft haben? Wir sollten hoffentlich noch Gelegenheit haben, das herauszufinden. Am nächsten Abend – dem Abend mit der prognostiziert besten Sichtbarkeit – wurde das aber schonmal nix. Petrus hatte wohl etwas dagegen.
Am 13.10. sollte es dann aber weitergehen mit der Jagd. Zwar waren die Bedingungen auch an diesem Abend alles andere als optimal, aber zumindest gab es Lücken über einer dunklen Wolkenschicht am Horizont. Aufgeregt standen wir mit Fernglas und Kamera am Straßenrand und suchten den Himmel ab. Gegen 19:15 Uhr – die Sonne stand hier etwa 9 Grad unter dem Horizont und der Komet 9 Grad über diesem – hat ihn meine Mama schließlich mit dem Fernglas entdeckt. Geil! Und es wurde von Minute zu Minute besser. Mit zunehmender Dunkelheit wurde der Schweif länger und heller und „Tsuchi“ war nun deutlich mit bloßem Auge zu erkennen.

Mit 50 mm Brennweite konnte ich ihn 19:30 Uhr schon deutlich sehen – ebenso wie mit dem bloßen Auge.

6 Minuten später konnte ich ihn gerade noch mit dem 200 mm Tele einfangen, bevor er „abgetaucht“ ist.
Nach ein paar Versuchen mit meinem 50 mm Objektiv versuchte ich es mal mit dem 200er. Deutlich war der Kometenkopf und -schweif darauf zu sehen, kurz bevor er in der dicken Wolkenschicht verschwunden ist.
Das war ja schonmal was! Aber natürlich reichte mir das noch nicht – da musste doch noch mehr gehen. Und so ging die Jagd nach den Wolkenlücken und die Suche nach geeigneten Fotospots weiter. Da das Wetter zu dieser Zeit recht wechselhaft war, entschieden wir meist erst am Nachmittag, wo es abends hingehen sollte. Das ist das Schöne an einer Camperreise – maximale Flexibilität.
Fast wäre es schief gegangen
Am 14.10. fiel die Wahl dann nach einiger Recherche auf den Ammersee. In der Nähe von Andechs hatten wir einen fantastischen Blick über den See, aber der erhoffte klare Himmel ließ auch zum Sonnenuntergang um 18:30 Uhr noch auf sich warten. Es war wie verhext – nach Norden war keine Wolke zu sehen und im Süden und Westen schienen dicke schwarze Exemplare wie Blei zu hängen. Waren wir 10 Kilometer zu weit südlich? Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt noch einmal woanders hinfahren hatte keinen Sinn, daher hofften wir auf unser Glück. Ist das nicht bekanntermaßen mit den Tüchtigen? Tüchtig ins Zeug gelegt hatten wir uns auf jeden Fall in den letzten Tagen. Das hat wohl auch Petrus irgendwann eingesehen und hat uns den Glauben an die Wettervorhersage ein wenig zurückgeschenkt. Denn die letzten schwarzen Wolken im Westen verzogen sich irgendwann und eröffneten uns den absolut fantastischen Blick auf einen hellen, langen Schweif! Der Mond und die Dämmerung taten zwar ihr Übriges, aber der Komet war heller und somit nun deutlich mit bloßem Auge zu sehen!

v.l.n.r.: Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang gegen 19:30 Uhr ging es los (100 mm), ca. 20 Uhr war er auch mit 50 mm super zu sehen (hier ein Stack aus 55 Bildern) und kurz vor 20:30 Uhr verabschiedete er sich langsam wieder im Dunst (100 mm).

Nur 4 Minuten lang habe ich die Bilder für diesen Stack aufgenommen. Der Komet stand zu dieser Zeit noch 7,5 Grad über dem Horizont.
Auf den Bildern war sogar deutlich ein sogenannter Gegenschweif zu sehen, was nur selten bei bestimmten Konstellationen aus Komet, Erde und Sonne vorkommt. Davon hatte ich bisher noch nie etwas gehört. Es wirkt fast so, als ob der Komet nach vorn/unten hin nadelartig verlängert wird. Dies ist allerdings nur ein optischer Effekt. Auf jeden Fall toll, was Tsuchi so alles zu bieten hatte! Und so machte ich an diesem Abend jede Menge Bilder mit unterschiedlichen Brennweiten. Auch ein Panorama (das Bild am Anfang des Blogs) durfte natürlich nicht fehlen. Am beeindruckendsten sah er aber mit einem 100 mm Objektiv aus. Hier habe ich mal 55 Einzelbilder, die ich mit 1,3 s jeweils nur sehr kurz belichtet hatte, mit dem Starry Sky Stacker (für macOS) gestackt. Trotz Blende f/2.8 bin ich hier vorsichtshalber auf ISO 6400 hochgegangen, um möglichst viel vom Schweif einzufangen. Beim nächsten Mal käme dann eine Nachführung zum Einsatz… Aber auch ohne eine solche Möglichkeit, die Belichtungszeiten deutlich zu verlängern, fand ich das Ergebnis schon sehr zufriedenstellend.
Für mich ging es danach langsam weiter in Richtung Schweiz – dort war ich am 19.10. für drei Astro-Seminare zum digitalEVENT in Baden eingeladen. Und bis dahin sollte sich auch tatsächlich keine Chance mehr bieten, noch einen Blick auf den Kometen zu erhaschen – oder ihn gar vor einer tollen Bergkulisse zu fotografieren. Ein wenig traurig machte mich das schon muss ich sagen. War ich doch neugierig, wie hell er noch sein würde, wenn er höher und länger am Himmel steht. Leider wurde er ja seit dem 12.10. auch wieder schwächer, was ihn vermutlich schnell zum Fernglas- und Kameraobjekt degradieren würde.
Gibt es noch eine Chance auf den Kometen?

Der Spot schien ideal zu sein, um den Kometen eingebettet in Berge einzufangen. Mit der App „Planit Pro“ konnte ich die Bildkomposition bereits aus der Ferne simulieren.
Aber ich hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Nach einem tollen Tag in Baden mit sehr gut besuchten Seminaren (danke liebe Schweizer – es war fantastisch bei euch!) ging es für uns weiter in die Berge hinein. Am Abend des 19.10. ging leider noch nichts, aber am nächsten Tag sah die Vorhersage in einigen Regionen vielversprechend aus. Ich machte mich nun also daran, eine passende Location zu suchen. Ziel war es, einen schönen Vordergrund zu finden, der sich schön mit dem Kometen kombinieren ließ. Nach einiger Suche wurde ich schließlich fündig. Ich hatte einen See auf etwa 850 m Höhe entdeckt, der eingebettet in hohe Berge war. Grundsätzlich ist so ein Spot für mich eher ungeeignet, da hier meist die Sicht auf Milchstraße & Co. versperrt ist. Aber nicht so beim Kometen. Für diesen gab es wie dafür gemacht eine „Kerbe“ am westlichen Horizont, in der er langsam untergehen würde. Sehen konnte ich das – auch ohne schon vor Ort zu sein – mit der Sucher (VR) Funktion der App Planit Pro.
Da an diesem Tag auch pünktlich um 12 Uhr die Buchungen für unser Nuggettreffen in Norwegen und die Workshops für 2025 öffneten (mehr Infos dazu gibt es hier im Blog), kamen wir leider erst später los als geplant. So war es dann schon 18:30 Uhr, als wir endlich am Spot angekommen waren. Aber selbst jetzt in der angehenden Dämmerung ließ sich schon erahnen, wie genial es dort war: ein spiegelglatter See, drumherum herrlichster Indian Summer und am Himmel kaum Wolken. Vom Parkplatz aus waren es nur wenige Meter bis hinunter zum Ufer, von dem aus ich einen perfekten Blick auf meine „Kerbe“ hatte, um dort den Kometen in wenigen Minuten fotografieren zu können. Nach dem kurzen Scouting vor Ort habe ich dann noch schnell einen Happen zu Essen eingeworfen – auch das kam an diesem Tag irgendwie zu kurz – und dann ging es auch schon los. Den ersten Blick auf den Kometen konnte ich nach ganzen 10 Tagen dann um kurz vor 20 Uhr werfen. Zwar waren noch einige Schleierwolken am Himmel, aber er war deutlich zu erkennen – sogar noch ein klein wenig mit bloßem Auge, wenn man wußte wo er ist.
Genial, daran hatte ich schon fast nicht mehr geglaubt! Und dann auch noch vor solch einer Kulisse! Was in dieser und der darauffolgenden Nacht herausgekommen ist, wie es tagsüber dort aussieht und wo ich überhaupt genau war, zeige ich Dir im nächsten Blog. Dieser zauberhafte Ort verdient einen eigenen Beitrag! Hier als kleiner Vorgeschmack schonmal ein Panorama, welches ich im Mondschein um 1:30 Uhr aufgenommen habe – lange nachdem der Komet schon hinterm Horizont verschwunden war…

Traumhafter geht es fast nicht – spiegelglattes Wasser, klarer Himmel und zauberhafter Indian Summer.
Und, wie ist es Dir ergangen? Hast Du den Kometen auch fotografieren und vielleicht sogar sehen können? Berichte mir gern mal darüber in den Kommentaren!
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